Ein transparentes Transparent oder Stoffspielereien mit Transparenz

Es scheint sich wie ein roter Faden durch meine eh erst wenigen Teilnahmen an den Stoffspielereien zu ziehen, dass ich zwar durchaus genügend Inspirationen und auch Ideen für das jeweilige Thema gefunden hätte, es letztendlich aber wieder an der Zeit und Muße für die Umsetzung gescheitert ist. So auch diesmal beim wirklich herausfordernden Thema Transparenz. Beim erstmaligen Lesen des Themas dachte ich mir, oje, das wird schwierig. Und dann liefen mir tatsächlich einige Inspirationen über den Weg.

Eine der ersten Ideen die mir einfielen, war die Anleitung zu einer Tasche, die ich vor Jahren mal in einem Buch einer Freundin gesehen hatte. Bei dieser Tasche wurden viele unterschiedliche Wollfäden auf ein wasserlösliches Stickvlies gelegt und festgenäht. Und dann schließlich zu einer schlichten Henkeltasche zusammengenäht. Gefiel mir gut, scheiterte am nicht vorhandenen Vlies. Das ich mir aus Gründen eigentlich auch nicht zulegen will. Das war Ende März, da hatte ich ja noch viel Zeit. Und fand am letzten Märztag beim Besuch der Quilttriennale im Textilmuseum St. Gallen diese Idee so ähnlich im Werk einer jungen Textilkünstlerin umgesetzt.

Detailausschnitt aus Paulina Sadrak, 9 x 11 (Polen 2021): Baumwolle, Polyesterfäden, Maschinenstickerei auf handgefertigten Elementen
Hier kommt die Transparenz noch besser zur Geltung.

Überhaupt war diese Quiltausstellung eine wahre Fundgrube an Inspirationen zum Thema Transparenz. Bojagi war natürlich vertreten, Tüll, aber auch hautfarbene Strumpfhosen (das Werk gefiel mir am wenigsten, dementsprechend sind die Bilder bäh und ich erspare es euch).

Beatrice Lanter, Durchschauen (Schweiz 2020); Polyesterorganza; Patchwork, mit Lötkolben geschnitten, dann mit der Maschine wieder zusammengenäht, 2 Vorderseiten, die gegeneinander gelegt verarbeitet wurden (leider kein besseres Foto).

St. Gallen ist ein textiles Zentrum, vor allem was die Herstellung von Spitze angeht. Dementsprechend hatte das Textilmuseum auch in diese Richtung etwas zu bieten, bis hin zur derzeitigen Ausstellung zur Farbe Weiß. Und schließlich arbeitet Spitze ja auch mit transparenten und nicht transparenten Flächen.

Auch bei Kleidung kann man ganz gut mit transparenten Schichten oder Details arbeiten.

Bojagi hatte ich mir bereits überlegt. Da ich aber bei Vorhängen recht eigen bin und eigentlich nur schlicht weiß bevorzuge, und ich mir momentan keine andere Verwendung vorstellen konnte, habe ich auch Bojagi wieder verworfen. Der Mangel an Zeit hat die Entscheidung nur beschleunigt. Ebenso erging es der Idee mit dem Besticken von Tüll. Kurz überlegt, den Tüllrest und auch ein Motiv nicht gleich gefunden und Idee wieder verworfen. Kleidung mit transparenten Elementen, sei es Spitze oder Tüll oder Netz oder ganz was anderes, steht eigentlich nicht auf meinem Nähplan. Fiel das also auch weg. Obwohl, Transparenz bei Kleidung kann auf viele Arten daherkommen, fiel mir dann ein. Habe ich nicht ab und zu das Problem mit zu durchscheinenden Stoffen? Sei es bei dünnen Leinenröcken oder auch bei der vor etlicher Zeit genähten Bluse aus dünnem Baumwollbatist.

Der Baumwollbatist ist so dünn, dass ich bewusst einen Schnitt mit gedoppeltem, da übereinandergelegtem Vorderteil genäht habe (Verano von Lillesol & Pelle). Der Ausschnittbeleg ist absichtlich nicht verstärkt, da ich die Verstärkung nicht durchscheinen haben wollte. Dafür möglichst alle Nähte als französische Naht. Nur beim Ausschnittbeleg hat das leider nicht ganz so funktioniert. Wäre aber auch mit ein bisschen Überlegen und noch mehr Abweichen von der Anleitung machbar gewesen.

Und mit all diesen Inspirationen und Umwegen war ich über durchscheinenden dünnen Baumwollstoff plötzlich wieder bei unserem Vorhang vor der Glaswand im Wohnzimmer und meiner allerersten Idee angelangt. Da wir nur während der kalten Monate dünne durchscheinende weiße Baumwollvorhänge vor der 4m breiten Glaswand im Wohnzimmer hängen haben, während der Sommermonate also ungehinderten Blick nach draußen haben, hatte ich vor etwa 15 Jahren schon mal mit einem schmalen Gestaltungselement gespielt. Das wegen meines damals noch jungen Katers und seiner jugendlichen Vorhangklettereien in einer Kiste verschwand. Und auch als er älter und vernünftiger wurde und Vorhänge nicht mehr zum klettern missbrauchte nicht mehr aus der Kiste hervorkam. Bis mir das Banner oder Transparent jetzt beim Thema Transparenz wieder einfiel.

Graz war 2003 europäische Kulturhauptstadt. Vor allen Ausstellungsorten hingen lange textile Fahnen mit dem durchgängigen Design, das aus 4 Rechtecken bestand. 3 Rechtecke bestanden aus einem Foto der Ausstellung, das vierte enthielt die Zahl 3 von 2003. Nach dem Ende des Kulturhauptstadtjahres wurden bei einem großen Flohmarkt einige Elemente verkauft. So auch viele der Fahnen, und wie erhofft, waren auch die Fahnen zur Ausstellung Rock und Rüstung im Zeughaus dabei. Diese Ausstellung hatte mir gut gefallen. Also schlug ich zu und sicherte mir 2 der begehrten Fahnen um recht kleines Geld. Eine Fahne ist noch im Original und in voller Länge vorhanden. Die zweite habe ich recht bald um das Logo eines Sponsors oben und ein paar Zeilen Text unten eingekürzt und, obwohl immer noch etwas zu lang, an das Drahtseil im Wohnzimmer geklipst. Ein oder 2 Jahre später kamen die Katzen. Und dem jungen Kater gefiel das in die Fahne springen und daran hochklettern. Also verschwand die Fahne in einer Kiste. Aus der ich sie gestern wieder hervorgeholt habe. Und heute endlich auf die richtige Länge eingekürzt und oben und unten sauber umgeschlagen und abgenäht habe. Seit heute Nachmittag hängt die Fahne als transparentes Transparent wieder vor der Glaswand im Wohnzimmer.

Diesmal bestehen die Stoffspielereien bei mir also hauptsächlich aus Kopfarbeit und recht wenig praktischer Umsetzung, und auch die ist nicht wirklich eine Spielerei. All jene, die statt einem stoffspielereitechnisch faden Transparent tatsächlich eine Stoffspielerei mit Transparenz zu bieten haben, sammelt feuerwerk bei KAZE als Gastgeberin der Stoffspielereien im April auf ihrem Blog.

Die Stoffspielereien:

Mach mit, trau dich! Die Stoffspielereien sind offen für alle Blogger:innen, die mit Stoff und Garn etwas Neues probieren wollen. Es geht ums Experimentieren und nicht ums Perfektsein, denn gerade aus vermeintlich „misslungenen“ Experimenten können wir im Austausch jede Menge lernen. Lass dich gerne vom monatlich vorgegebenen Thema inspirieren und zeig deine Ideen dazu auf deinem Blog.

Jeden letzten Sonntag im Monat sind die Stoffspielereien zu Gast bei einer anderen Bloggerin. Dabei kommen wir ohne Verlinkungstool aus: Schreib einfach einen Kommentar mit dem Link zu deinem Beitrag im jeweiligen Blogpost der Gastgeberin. Sie fügt die Links im Lauf des Tages in ihren Beitrag ein – ganz persönlich und individuell.

Unter https://stoffspielereien.net findet sich die Übersichtsseite mit allen weiteren wichtigen Informationen.

Die weiteren Stoffspielerei-Termine 2023:

14 Kommentare

  1. Gaze und Lochstickerei und Co finde ich ja wunderschön, so leicht
    ich finde es auch in der Theorie bei Dir sehr interessant
    😊
    Liebe Grüße und schönen ersten Mai
    nina

    • Gaze und Lochstickerei und Ähnliches finde ich solange schön, wie ich sie nicht selbst vernähen muss 😉
      LG heike

  2. Sehr interessante Überlegungen und danke für den Bericht zur Ausstellung! Die Tüllschichten sind ja ganz was besonderes! Und die Erwähnung des Lötkolbens im Zusammenhang mit Polyester werde ich mir merken – vielleicht lässt sich damit Polyester auch „zusammenschweißen“. Liebe Grüße!

    • Den Lötkolben fand ich auch interessant. Überhaupt waren die Angaben zu den Werken oft ziemlich erhellend. Ich habe bisher nur die zum Thema Transparenz gezeigt, ein paar sehr schöne möchte ich in einem weiteren Beitrag noch vorstellen.
      LG heike

  3. Ein ganz wunderbarer Beitrag zum Thema, vielen Dank!
    Wir waren gestern unterwegs, deshalb konnte ich dich erst heute einfügen.
    Ich bin immer sehr betrübt, dass St .Gallen so weit ist, denn in den News über textile Ausstellungen ist das Museum regelmäßig vertreten. Ein einziges mal war ich dort . Wie gern hätte ich diese Ausstellung im Original gesehen.
    Das Banner ist Klasse und ich hätte es auch erworben. Es sieht wunderbar an dieser Stelle aus, nun passend gekürzt. Es erinnert mich an eine Ausstellung in Schönbrunn“ Kleidung wie Rüstungen“ von einem Italiener. Lange ist es her, aber was beeindruckt, bleibt im Kopf.
    Mir geht es oft ähnlich mit Ideen im Kopf und fehlender Zeit zum Umsetzen, zumal ich diese oft meist unterschätze. Dein Beitrag ist in jeder Form inspirierend.
    Viele Grüße, Karen

    • Danke liebe Karen.
      St. Gallen ist von uns leider auch recht weit entfernt, zum Glück hatte der in Bludenz wohnende Freund Info zur Ausstellung und Unterkunft zu bieten 😉 Zur Quilttriennale und auch zum Zeughaus habe ich noch das eine oder andere zu bieten, und obwohl die Ausstellung Rock und Rüstung vor 20 Jahren war, denke ich dazu auch noch einiges zu sagen. Da kommt also so nach und nach noch was. Zeit für die Ausführung unterschätzen, da sagst du was, kenne ich gut 😉
      Beim nächsten Thema bin ich hoffentlich mal besser vorbereitet. Jedenfalls fand ich das Thema Transparenz sehr spannend, danke dafür.
      Liebe Grüße heike

  4. Danke für diese zahlreichen Ideen und Inspirationen und Anregungen aus der Ausstellung in der Schweiz! Die zahlreichen rosa Tüllschichten haben mich ja schon vorher sehr angesprochen. Mal sehen, ob ich das noch umsetze, auch wenn der Stoffspielerei-Termin schon vorbei ist. Liebe Grüße, Gabi

    • Ich bin nach wie vor gespannt auf deine ureigene Umsetzung der Tüllschichten für deine Idee.
      Liebe Grüße heike

  5. Was für eine beeindruckende Zusammenstellung. Ich arbeite auch sehr gerne mit Polyester Organza. Dieser lässt sich super mit Hitze und Lötkolben bearbeiten und dadurch wunderschöne Effekte erzielen.
    LG Ute

    • Ich habe um Organza bisher einen weiten Bogen gemacht. Zum Nähen furchtbar und auch sonst nicht so ganz meins. Für Experimente wie du sie beschreibst kann ich mir tatsächlich vorstellen, dass das sehr spannende Werke dabei rauskommen.
      LG heike

  6. Wow, was für eine Geschichte. Danke für die Ausstellungsimpressionen und die Geschichte, wie sich Projektideen im Kreis drehen. Jetzt war die Zeit offensichtlich gekommen für Dein spezielles Upcycling. Das passt super. Mit Schneehintergrund ist es sicher noch schöner.
    LG Ute

    • Danke liebe Ute. Mit dem Schnee hast du vermutlich recht, aber ich erfreue mich jetzt erstmal am Frühling 😉
      LG heike

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