Jeans ausgeschönbessert

Jede/r Radfahrer/in kennt das: Die Hosen werden im oberen Schenkelbereich durchgewetzt. Beim einen Material geht es schneller, das andere Material hält länger durch. Leinenhosen überstehen keinen Sommer, meist nicht mal zwei Monate, und sie sind durch. Baumwollhosen aus Popeline oder Canvas halten länger. Jeans, es sei denn es ist Leinendenim, halten eigentlich recht lange. Zumindest bei meinen selbstgenähten Jeans. Die gekauften (meist Levis) hatten auch immer recht schnell ein Loch. Allerdings auf und direkt neben der Kappnaht, der Stoff selbst war im Schenkel- und Gesäßbereich eigentlich auch recht stabil. Offensichtlich stehen die Nähte meiner selbstgenähten Jeans nicht gar so vor, in dem Bereich ist nichts abgewetzt.

Meine etwa 2020 genähte und sehr viel getragene Ginger Jeans aus blauem Denim zeigte heuer im Frühjahr erste Anzeichen der Auflösung. Der Stoff war im Bereich der Oberschenkel und dem Gesäß dort wo man beim Radeln immer mit dem Sattel wetzt bereits recht dünn. An einer Stelle war er auch bereits etwas aufgeraut. Bevor die Stellen komplett durchwetzen konnten wollte ich eingreifen und verstärken. Und zwar wollte ich mich in Sashiko versuchen. Nichts aufwändiges, nur ein einfaches Kreuzmuster. So als Erstversuch. Man könnte dann ja immer wieder drüber sticken, wenn das erste nichts wird, dachte ich so. Also habe ich nicht allzu lange vorgeplant und einfach mal losgelegt.

Dummerweise habe ich kein Foto vom Zustand der Hose von außen vor Start der Bearbeitung gemacht. Von innen ist eine der beanspruchten Stellen recht gut erkennbar.
Zur Verstärkung des Denims habe ich innenseitig eine dünne aber feste Hemdenpopeline mit auswaschbarem Sprühkleber angeheftet. Das Karomuster ist bewusst ausgesucht, kann es doch gleich als Zählraster für das Sashiko-Muster verwendet werden. Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen nenne ich das.
Das blaue Sashikogarn hatte ich im November 2023 beim Kongress des Alten Handwerks in St. Lambrecht bei Anja Lampert gekauft. Endlich kam es mal zum Einsatz. Es ist ein eher dickes Sashikogarn, die erste Sashikonadel, auch damals bei Anja gekauft, habe ich ziemlich schnell beim Öhr abgerissen. Nadel und Faden waren nicht aufeinander abgestimmt. Denn an und für sich sind Sashikonadeln länger und härter als übliche Nähnadeln und nicht so leicht kleinzukriegen. Zum Glück fand sich im Nähmäppchen eine robuste sehr spitze lange und für übliche Näharbeiten eigentlich viel zu dicke Nadel. Für diesen Verwendungszweck war sie gut geeignet und kam nun zum Einsatz. Die Stellen am Rand waren dann besonders dick, ab und zu kam auch die Zange zum herausziehen der Nadel zum Einsatz.
Von der Außenseite sah der Beginn so aus. Zuerst werden nur die Stiche in die eine Richtung gemacht. Sashiko ist eigentlich nichts anderes als Muster im Vorstich. Wenn man ungeübt ist, so wie ich, werden die Stiche trotz rückseitigem Raster etwas ungleichmäßig. Geübte Sashiko Stickerinnen schaffen gleichmäßige Stiche. Hier auch gut zu erkennen ist die abgewetzte Stelle. Lange hätte das Material nicht mehr durchgehalten bis ein Loch entstanden wäre.
Im zweiten Arbeitsgang werden dann die 90 Grad dazu verlaufenden Stiche gesetzt.

Den ganzen Sommer über habe ich immer mal wieder ein paar Reihen gestichelt. Es hatte keine unbedingte Eile, so dass ich eher immer mal wieder lustvoll draußen im Freine auf der Terrasse gestickt habe.

So sieht es dann fertig von innen aus.
Und so von außen.
Mit der hier linken Seite habe ich begonnen, bei der hier rechten Seite dann beschlossen, auch den Gesäßbereich mit einzubeziehen. Die linke Seite ist auch schon recht dünn, da werde ich also bald mal weitersticheln.

Vielleicht wage ich mich ja an ein anderes Muster. Denn das Schöne an Sashiko ist ja, dass man auch Muster kombinieren kann. Die gleichmäßigen, auf einem geometrischen Raster basierenden Hitomezashi Sashiko Muster wie das hier verwendete Kreuzmuster können noch mit Durchzugsfäden durchwebt werden, das nennt man dann Kuguri Sashiko. Sollte die abgewetzte Stelle also weitere Reparatur benötigen, kann ich sie entweder mittels Kuguri Sashiko verstärken, oder nochmal Muster darüber sticken. Oder in der ebenfalls japanischen Boro-Technik Stoffstücke auflegen und festnähen bzw. besticken. Dann wäre allerdings das darunterliegende abgedeckt. Der Möglichkeiten gibt es also viele. Und da ich die Jeans nun als tragbares Experimentierfeld betrachte, wird da auch sicher noch die eine oder andere Stickerei hinzu kommen.

Experiment gelungen, Jeans nach wie vor tragbar.

Etwas reparieren heißt es beim BINGO! von antetanni, das Etwas ist in diesem Fall meine Jeans.

Bonusbild aus Japan:

Vorhang, gesehen am 27.10.2025 im Hida no Sato Freilichtmuseum in Takayama, Japan. So sieht Sashiko also aus, wenn man bzw. frau es kann.
Feuerwehrjacke mit Sashiko. Die Arbeit mag ich mir gar nicht vorstellen. Ebenfalls im Hida no Sato Freilichtmuseum ausgestellt.

Vermutlich werden uns auf unserer Japanreise noch weitere Beispiele von Sashiko über den Weg laufen. Und noch viel mehr Textiles Wissen als wir bisher schon inhaliert haben. Wer uns abseits vom Textilen auf der Reise begleiten möchte, am Reiseblog gibt es nach und nach einiges mehr zu lesen.

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