Zur Arbeit mit neuer Jacke

Und was zieht man zur Arbeit an? Im besten Fall Workwear, grins. Wie gut dass meine neue Jacke genau in diese Kategorie eingereiht wird, Workwear, Arbeitskleidung. Wenn es sich bei der Stilrichtung Workwear um eine Jacke handelt, dann geht sie meist in Richtung Monteurjacke. Zumindest habe ich die Assoziation, die Überjacke zum Blaumann. Meine Jacke allerdings, die ist nicht Blau. Sondern wie es von einer in der Architektur Tätigen erwartet wird Schwarz. Ausschlaggebend für meine Farbwahl war aber nicht vorrangig meine Vorliebe für Architekten-Schwarz, sondern in erster Linie dass bereits seit längerer Zeit eine schlichte unkomplizierte Übergangsjacke in mit allem kombinierbarer Farbe fehlte. Und Schwarz stellt für mich genau so eine Farbe dar. Bezüglich Schnitt hatte ich zunächst keine konkreten Vorstellungen, die Jacke sollte weder zu sportlich noch zu elegant werden. Eine Workwear Jacke war jedenfalls auch im Fokus, spätestens seit Tina ihre sehr gelungene Workwear Jacke beim MeMadeMittwoch vorgestellt hatte. Ich musste ein bisschen suchen, es war tatsächlich bereits vor 2 Jahren. Damit wird mal wieder evident, wie lange bei mir manchmal Ideen schlummern, bis sie irgendwann zur Umsetzung gelangen. Mehrere Jahre trage ich mich also bereits mit dem Gedanken einer schlichten geradlinigen Jacke. Noch länger schlummert bereits der Schnitt der Sienna Maker Jacket von Closet Core Patterns nicht nur auf der Festplatte sondern sogar bereits geplottet. Und er ist nicht der einzige Jackenschnitt oder überhaupt Schnitt, der in meinem Besitz so vor sich hinschlummert und auf Umsetzung wartet. Aber zu einem gelungenen Kleidungsstück gehört ja nicht nur der Schnitt, sondern auch der dafür geeignete und dazu passende Stoff. Und da überzeugte mich eben lange nichts. Bis…

Der Schnitt

Bis Magdalena in der Maschenwerkstatt eine selbstgenähte Musterjacke präsentierte, deren gewisse Details die Jacke und den Schnitt für mich sehr interessant machten. Vergessen waren die bereits vorhandenen Schnitte, und auch der vorhandene steife (nach dem Vorwaschen extrem steife und weißschlierige) Canvas wurde zugunsten eines weichen Gabardine zur Seite gelegt. La Veste hatte das gewisse Etwas, auf das ich anscheinend noch gewartet hatte mit meiner zögerlichen Umsetzung. Schnitt und Stoff sind von Atelier Brunette und wie füreinander gemacht. Vermutlich sind sie das auch.

La Veste ist eine ungefütterte Jacke im Workwear Stil. Es gibt 2 Längen, eine kurze Version und eine etwas längere Version. Ich habe mich für die längere Version entschieden, das war für meine Größe von 1,70m die richtige Entscheidung. Die kurze wäre mir zu kurz gewesen. Bis auf die Länge gibt es keine Unterschiede zwischen den beiden Varianten. Beide haben zwei aufgesetzte Taschen an der Bundkante. Und beide haben Schlitze an den Seitennähten und an den Ärmelnähten. Die Schlitze, die genau diesen Schnitt für mich zu etwas Besonderem machen.

Die Umsetzung

Die Jacke ist zwar ungefüttert, aber die Schulterpasse ist gedoppelt. Und sie wird ebenso wie der Kragen und die Belege für Knopfleisten, Bund und Ärmelsaum verstärkt. Das Verstürzen der Schulterpasse mit der Burrito-Methode wird im Booklet mit der Anleitung in Text und Zeichnung gut erklärt.
Auch wenn die ersten Schritte für die Seitenschlitze erstmal nicht so wirken, als würden sie zum gewollten Ergebnis führen (ich hatte so meine Zweifel, ob das mit dem Verstürzen so wirklich klappen würde), einfach Schritt für Schritt der Anleitung folgen und dann auch beherzt wieder trennen wo gefordert und es sieht dann wirklich so aus wie es aussehen sollte. Und nicht zum erstenmal habe ich mich gefreut, beim Kauf der Nähmaschine auch gleich zusätzlich in den Nähfuß mit Führungsschiene investiert zu haben. Knappes Absteppen ist damit eine wahre Freude.
Der zum Quilten vorteilhafte Einbau der Nähmaschine in die große Tischplatte macht es erforderlich, zur Nutzung des Freiarms die Abdeckplatte direkt um die Nähmaschine zu entfernen. Der Ärmel passte dann zum Absteppen auch gerade so über den Freiarm. Auch gut zu sehen ist hier der Beleg am Ärmelsaum und der kleine Ärmelschlitz.
Bei den Taschen bin ich von der Anleitung abgewichen. Statt die Ärmelkanten umzubügeln und aufzusteppen habe ich die Taschenschnittteile mit einem Futterstoff gedoppelt, durch eine kleine Wendeöffnung gewendet, gut gebügelt und erst dann aufgesteppt.
Rechtzeitig vor Annähen des Kragens habe ich auch an einen Aufhänger gedacht. Der besteht aus einem schlichten Baumwollripsband, von dem ich hoffe dass es ausreichend strapazierfähig ist. Das Etikett wartete schon länger auf seinen Einsatz, nun schien mir die Gelegenheit passend. Ich war mal Meterware, und aus mir wurde eine Jacke. Und ein weiteres angekreuztes Kästchen beim BINGO! von antetanni.
Angstgegner Knopflöcher einigermaßen erfolgreich überwunden, schon steht mit der Knopfwahl die nächste Hürde an. Das waren die drei Modelle, die einigermaßen passten. Nur die in natura dunkleren Perlmuttknöpfe fanden sich im Fundus. Auch der einfarbig schwarze Knopf oben links ist in natura dunkler als er hier am Foto rüberkommt. Und welches Knopfmodell wurde es schließlich?

Die Jacke

Die Jacke von vorne und mit den Knöpfen. Das Rennen machten die schwarzen Knöpfe, und ich bin mit dem schlichten Erscheinungsbild sehr zufrieden.
Die Jacke von hinten. Und nach einem Tag in Gesellschaft meines Garden Cardigan. Dessen gelbe Mohairfasern ich offensichtlich nicht vollständig geschafft habe abzubürsten.
Und ich bin so glücklich mit meiner Wahl des Stoffes für die innere Schulterpasse. Keiner der angedachten dezenten und grafischen Baumwollstoffe überzeugte mich so recht. Beim erneuten Durchforsten des Stoffschranks fiel mir dann weit unten und gut abgelagert ein 50cm breiter Streifen eines ursprünglich für ein Kissen angedachten festen Baumwollstoffes von Marimekko in die Hände. Ade braves dezent grafisches Muster, aber hallo dunkle üppige Blüten und knallrote Akzente.
Die kleinen Seitenschlitze an Seitennaht und Ärmelnaht nochmal im Detail. Sie geben dem an sich sehr schlichten und geradlinigen Schnitt genau die benötigte kleine Prise Pepp. Und der Gabardine Twill sieht zwar sehr dick und steif aus, ist allerdings angenehm weich und ließ sich auch sehr angenehm vernähen.

Und die obligatorischen Tragefotos dürfen natürlich auch nicht fehlen. Neue gelungene Jacke, Geburtstag und eine reiche Feigenernte, außerdem einen Besten der immer bereitwillig Fotos macht, da kann man nur strahlen.

  • Schnitt/Anleitung: La Veste von Atelier Brunette (über Maschenwerkstatt)
  • Material: ca. 1,5m Gabardine aus 100% Baumwolle in Schwarz von Atelier Brunette, gekauft in der Maschenwerkstatt; Innenfutter Schulterpasse Marimekko, vor vielen Jahren im schon lange nicht mehr vorhandenen Marimekko-Shop Graz gekauft; Knöpfe Hirt, Graz
  • Kosten: ca. 70€
  • Werkzeug: Nähmaschine, Overlock zum versäubern
  • Arbeitszeit: ca. 6 Stunden

Genau rechtzeitig für die nun doch sehr herbstlichen Temperaturen wurde die Jacke fertig. Und auch genau richtig, um sie am Laufsteg der selbstgenähten Kleidung beim MeMadeMittwoch zu präsentieren. Begleitet mich doch hinüber, um zu sehen, was die anderen gutgekleideten Frauen in selbstgenähter Kleidung beim MeMadeMittwoch im Oktober so präsentieren. Mit meiner Übergangsjacke jedenfalls bin ich in guter Gesellschaft, zeigt doch Carola Nähkatze auch eine sehr ansprechende.

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11 Kommentare

  1. Da ist dir ja ein tolles, praktisches Stück gelungen! ( Für mich Musterverliebte ist natürlich der Futterstoff das Tüpfelchen auf dem i. )
    Offensichtlich ist dieser Schnitt die Ablösung für die Jeansjacke: Tochter und Enkelin haben sich solche Exemplare nämlich gekauft. Aus Gabardine.
    GLG
    Astrid

    • Über den Futterstoff bin ich auch sehr glücklich, ein dezenter grafischer Stoff wäre hier fad gewesen. Die klassische Jeansjacke entstammt ja auch der Workwear. La Veste ist nur noch reduzierter und trotz der Kastigkeit auch ein bisschen eleganter. Gabardine passt da gut. Wie schön dass ich tatsächlich mal nicht Jahre hinterher bin mit meiner Jacke 😉
      Liebe Grüße, heike

  2. DU HAST GEBURTSTAG, HERZLICHE GLÜCKWÜNSCHE!
    Außerdem hast Du natürlich eine supercoole Jacke genäht.
    Aber warum ist die Architektenfarbe schwarz? (zumal schwarz ja genau genommen kein Farbe ist 😉)
    Ich mag zB auch diese alten Herrenjeans, die ja auch so grade sind (hab eine mal second hand ergattert) daher befürworte ich Deine Schnittwahl sehr.
    Steht Dir wieder sehr gut. Und lasst Euch die Feigen noch schmecken und feiere Deinen Geburtstag, auf ein gutes neues Lebensjahr!
    Mit ganz lieben Grüssen
    Nina

    • Ich hatte Geburtstag, als wir Anfang dieser Woche die Fotos gemacht haben. Herbstkind durch und durch 😉 Danke für die Glückwünsche 😊
      Es gibt sogar ein Büchlein mit dem Titel „Why do Architects wear Black?“, das ich natürlich irgendwann mal geschenkt bekommen habe. Architekten und Künstler tragen angeblich gerne Schwarz, geht die allgemeine Mär. Bei den meisten Architekten und Künstlern die ich kenne ist das nicht so. Aber es eignet sich immer gut für kleine Späße 😉
      Liebe Grüße, heike

  3. Danke für die Blumen!
    Die Querteilung in Front & Rücken finde ich besonders schick. Wenn ich nicht schon eine solche Jacke hätte, würde ich mir jetzt auch so eine Nähen 🙂 Ich trage meine Jacke immer noch gerne als Handtaschenersatz. Da hat nämlich alles Platz, was man so braucht und die Hände frei. Und keine Sorge, zwei Jahre ist noch nicht alt für einen Nähplan, höchstens ein Teenager…
    Grüße, Tina

    • Deine Jacke ist toll. Und solltest du sie irgendwann doch ersetzen wollen, weißt du ja nun einen weiteren Schnitt.
      Ich habe auch noch sehr viel ältere Nähpläne, die immer noch aktuell sind und sicher irgendwann umgesetzt werden. Mit der Betonung auf irgendwann. Es hat mich nur bei deiner Jacke überrascht, weil ich dachte das wäre erst vor ein paar Monaten gewesen dass du sie gezeigt hast. Und die Sienna Maker Jacket habe ich übrigens auch gerade zugeschnitten, die werde ich hoffentlich im Laufe der nächsten Monate nähen.
      Liebe Grüße, heike

  4. Die Jacke sieht klasse aus und in der Farbe auf jeden Fall gut kombinierbar. Das Futter der Schulterpasse ist der Clou, fiel mir sofort in die Augen beim Lesen. Auf die Jacke gehören jetzt noch coole Aufnäher … LG Gabi

    • Eine nicht ganz so coole Jeansjacke, die ich selbst dann mit Aufnähern aufgepeppt habe, hatte ich als Teenager. Die Zeit der Aufnäher ist für mich glaube ich vorbei. Ich mag die Jacke gerade so pur wie sie ist. Aber wer weiß…
      Liebe Grüße, heike

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