He Helga der Herbst ist da

Auch wenn man es vielleicht nicht wahrhaben will, die Natur zeigt es unmissverständlich: es ist Herbst. Alles leuchtet in wahrer Farbenpracht. Und bildet den bunten Hintergrund für ein weiteres Teil in, ihr ahnt es, schwarz. Kurz habe ich überlegt, ob ich etwas anderes, bunteres zum oktoberlichen MeMadeMittwoch zeigen soll, aber ich trage diese Bluse derzeit wirklich gerne und sie wartet bereits seit längerem auf ihren Auftritt. Die Rede ist von meiner Version der Bluse Helga von SO Pattern.

Der Schnitt

Ende März war ich mit ein paar Nähfreundinnen in Wien am Schneidereimarkt. Und habe nicht nur interessiert Gabis Ausführungen zum Textilportal gelauscht, sondern genauso interessiert die Bluse betrachtet, die Stefanie von SO Pattern beim Interview trug (und auch auf den verlinkten Fotos trägt, die offensichtlich beim Schneidereimarkt entstanden sind). Die Schnittführung, vor allem dieser besondere Stehkragen und die Ärmelform, hatten es mir angetan. War klar, dass ich genaueres wissen musste. Und erfuhr, dass die Bluse in einem Buch enthalten war, „Der perfekte Blusenschnitt“ von Stefanie Kroth. Offensichtlich war ich nicht die Einzige, die an diesem Schnitt interessiert war, und weil ich meine Kontaktdaten hinterlassen hatte, durfte ich mich bereits wenige Tage später über die gute Nachricht freuen, dass mit Genehmigung des Verlags genau dieser Blusenschnitt auch als Einzelschnitt vertrieben werden durfte. Die Freude war groß und der Schnitt auch schnell als pdf bestellt. Und genauso schnell auf A0 geplottet. Und in der richtigen Größe abgepaust. Und dünnes Blusenleinen in der Farbe Schwarz bei Vieböck im Mühlviertel bestellt. Denn obwohl mir Stefanies Modell aus einem indischen Webstoff in rot-weiß sehr gut gefallen hatte, für mich schwebte mir eine andere Version vor.

Die Zeichnung zeigt ganz gut den besonderen Stehkragen und die vom Kragen ausgehenden Brust- und Schulterabnäher. Irgendwie schwirrt mir die ganze Zeit der Begriff Turtleneck durch den Kopf, wenn ich an diesen Kragen denke. Aber Turtleneck ist ja eigentlich Rollkragen? Beim Verlinken des Schnittes weiter oben habe ich dann festgestellt, dass der Kragen tatsächlich als Schildkrötenkragen bezeichnet wird. Außerdem kann die Bluse noch mit einer Quetschfalte in der vorderen Mitte und einem kleinen Halsschlitz mit Knopfverschluss hinten punkten. Und natürlich mit den Ärmeln, die bei der Schnittbeschreibung als Laternenärmel bezeichnet werden. Auch Dramaärmel, wie ich finde. Danke Frau Küstensocke für die schöne Bezeichnung.

Der Kragen mit den Abnähern nochmal in näher

Der Nähprozess

Selten einmal wurde von mir ein Teil vom Schnittkauf bis zum fertigen Kleidungsstück so schnell umgesetzt wie dieses. Und doch hat es ein paar Wochen gedauert, bis die Bluse Ende Mai dann tatsächlich fertig war. Meine Nähzeit ist rar, Vollzeitjob und Garten und noch so einiges andere benötigen sehr viel mehr meiner Zeit. An und für sich ist die Bluse nämlich relativ schnell zu nähen. Zugeschnitten habe ich sie gleich nachdem der bestellte Stoff vorgewaschen war. Zu nähen begonnen habe ich dann auf unserem Nähwochenende in Hohentauern. Der Korpus samt Kragen mit Beleg wurde fertig, das Ärmel einsetzen habe ich nicht mehr geschafft, ich hatte mir wie immer ziemlich viel vorgenommen für das Wochenende. So habe ich dann am Wochenende darauf die Ärmel eingesetzt. Und da bin ich dann auch bei der einzigen Anmerkung, die ich zu diesem Schnitt habe. Der Ärmelsaum soll nämlich laut Anleitung zweimal umgeschlagen werden. Bei einem Schnittteil, das mehr oder weniger ein Kreisbogen ist, kann das jedoch schon rein geometrisch nicht wirklich gut funktionieren. Schließlich wird der Durchmesser und damit der Umfang der Stoffkante nach innen immer kleiner und kürzer. Ich habe diese Saumkante dann mit einem Schrägband versäubert.

Ärmelsaum mit Schrägbandversäuberung.

Anpassungen habe ich keine vorgenommen. Generell scheine ich eine Figur mit Standardproportionen zu haben, ich muss ganz selten mal gröbere Anpassungen vornehmen. Und bei der Bluse Helga hat die Schulterpartie sofort perfekt gepasst, und der Rest auch. Eine kleine Änderung muss ich jedoch noch machen. Ich habe nämlich den Knopf und die dazugehörige Schlinge ganz oben am Kragen befestigt, und jetzt klafft der Halsschlitz unschön auf. Der Knopf gehört weiter runter, an den Ansatz des Kragens und des Belegs. Da muss ich wohl nochmal nachbessern. Dann kann ich auch gleich die nicht ganz gelungene Schlinge nochmal schöner machen.

Rückwärtiger Halsschlitz mit Knopf und Schlinge. Der Knopf ist aus Perlmutt und aus dem Fundus

Zur Nähanleitung, die dem Schnitt beiliegt, ist zu sagen, dass sie kurz und prägnant ist. Und völlig ausreicht, wenn man ein bisschen Näherfahrung hat. Ein Foto-Tutorial ist laut Webseite geplant, aber bisher anscheinend noch nicht online.

Der Tragekomfort

Pünktlich zu Sommeranfang war die Bluse also fertig. Und wartete erst mal auf ihren Auftritt. Denn für diesen Sommer war Langarm in schwarzem Leinen wirklich zu warm. Ihren ersten wirklichen Auftritt bekam sie während unseres Schweiz-Urlaubs Mitte August in 2284m über Meer, wo wir im Rahmen des Origen Festivals eine Abendvorstellung im Roten Turm am Julierpass besuchten. Und natürlich wurde diese besondere, wenn auch temporäre Kulisse für Fotos an der Frau genutzt.

Die Abendstimmung am Julierpass wirkt richtig düster und schon fast herbstlich. Der Herbst kann aber auch mit mir um die Wette strahlen, wie die ganz aktuellen Fotos mit der Bluse zeigen, die Gabi von mir gemacht hat.

Ich bin aber auch rundum glücklich mit der Bluse. Sie sitzt gut, vor allem im Schulterbereich. Die Ärmel sind zwar sehr weit im Unterarmbereich, aber trotzdem alltagstauglich, da durch das enger werden zum Handgelenk hin die Gefahr des unabsichtlichen eintunkens ziemlich gemindert wird. Der verwendete Leinenstoff hat genau die richtige Schwere und Dichte und fällt trotzdem schön. Der Tragekomfort ist wunderbar und die Bluse eine echte Bereicherung meines Kleiderschranks.

Und jetzt bin ich gespannt ob die anderen Nähladies beim Me Made Mittwoch auch in Herbstfarben schwelgen, sei es als Kulisse oder als Kleidungsfarbe. Wer begleitet mich zur monatlichen Schau gut angezogener Frauen in selbst genähter Kleidung?

Das ist drin:

  • Schnitt/Anleitung: Bluse Helga von SO Pattern
  • Material: ca. 1,4m Zartes Leinen in Schwarz von der Leinenweberei Vieböck in Helfenberg im Mühlviertel; ca. 20cm Verstärkung für den Kragenbeleg; ca. 30cm Baumwoll-Schrägband, ebenfalls in Schwarz; 1 Knopf (Perlmutt aus dem Fundus)+ Schlaufe aus schwarzem Nähgarn gefertigt
  • Kosten: ca. 75€
  • Werkzeug: Nähmaschine, Overlock
  • Arbeitszeit: ca. 6 Stunden

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26 Kommentare

    • Genau diese Details machen die Bluse zu etwas Besonderem und haben mich zu dem Schnitt hin gezogen. Danke liebe Mema und liebe Grüße heike

  1. Was für eine tolle Bluse, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich nicht doch mit den Ärmeln irgendwo reinstecken würde. Aber die Kragenkösung ist supertoll

    • Ich hatte da auch so meine Bedenken. Schließlich sind sie gerade am Unterarm doch recht weit. Ein bisschen sorgsam muss man schon sein, aber sie sind alltagstauglicher als gedacht. Schwieriger ist das in enge Jackenärmel stopfen. Nicht das Stopfen an sich, sondern das verknittern.
      LG heike

    • Ja, die Abnäher machen auch ganz viel aus an der Besonderheit der Bluse. Und passen bei mir tatsächlich perfekt.
      LG heike

  2. Was für ein toller Schnitt! Die Linien, Abnäher und der Kelchkragen, wow ganz großes Kino! Muss ich mir merken! Du hast die Bluse perfekt genäht, schaut unheimlich gut an Dir aus! LG Kuestensocke

    • Danke (rot werd). Und wieder hast du meinen Wortschatz aufgepeppt, auch dafür danke. Kelchkragen klingt besser als Schildkrötenkragen.
      LG heike

  3. Die ist wirklich sehr schön. Ich habe den Schnitt jetzt gleich bestellt (hüstel). Sie passt dir wie angegossen und auch das Schwarz passt sehr gut zu dem auffälligen Schnitt.
    LG Carola

  4. Ich finde Deine Farbwahl auch sehr gelungen! Dadurch kommen die besonderen Details des Schnittes toll zur Geltung. Wirklich eine schöne Bluse und eine Wahnsinns-Kulisse! Lieben Gruß Manuela

    • Die Schnittführung kommt tatsächlich am besten in uni zur Geltung. Wobei die fein gemusterte Bluse von Stefanie auch ihren eigenen Reiz hatte.
      LG heike

  5. Eine sehr schöne Bluse! Das mit der Nähzeit kommt mir sehr bekannt vor. Ich muss mir auch jede Stunde aus dem vollen Alltag rausschneiden.

    LG Miriam

    • Kleidungsstücke fange ich oft gar nicht an, wenn ich weiß, ich habe nur 1 Stunde Zeit zu nähen. Da spiele ich dann eher mit kleinen Patchworkteilen rum. Dementsprechend dauern Nähprojekte von der Idee bis zur Umsetzung bei mir oft sehr lange. Aber da geht es uns wohl allen gleich.
      LG heike

  6. Eine wirklich besondere Bluse, die Dir sehr gut steht – wie immer sehr stilvoll präsentiert. Ich freu mich schon auf den nächsten Beitrag!

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