Ein Gespenst geht um, und es heißt Krieg. Auch in meinen Gedanken ist das Thema derzeit präsenter als es lange war. Und dass das Thema Bewaffneter Konflikt auch in der Vergangenheit immer sehr präsent war, davon gibt es auch noch zahlreiche Zeugnisse. Eines dieser Zeugnisse befindet sich in der Form des Landeszeughauses in der Grazer Herrengasse, direkt im Anschluss an das Landhaus. Und genau dorthin entführe ich euch zum Monatsspaziergang im März.

Das Landeszeughaus mit seinen etwa 32.000 Objekten gilt als größte erhaltene historische Waffenkammer der Welt. Es wurde in den Jahren 1642-44, in anderen Quellen bis 1647, nach Plänen von Antonio Solari erbaut. In einer Zeit mit kriegerischen Auseinandersetzungen mit ungarischen Rebellen und dem Osmanischen Reich wurde es als Depot und wichtigste Ausrüstungszentrale des südöstlichen Habsburgerreiches von den steirischen Landständen errichtet. 1749 geschlossen, blieb es im Ganzen erhalten und wurde 1892 dem Landesmuseum Joanneum eingegliedert. Zur Sammlungsgeschichte und dem Leitbild des Landeszeughauses kann man auf der Seite des Universalmuseum Joanneum nachlesen, auf Wikipedia gibt es auch noch ein bisschen Info.

Die Führung, an der wir am 12. März teilnahmen, hatte aber ein anderes Thema. Ein nicht ganz so kriegerisches, eher im Zusammenhang mit dem gerade vergangenen Weltfrauentag am 8. März. Bei „Iron Women“ ging es um den Beitrag von Frauen zum Zeughaus. Die Archivalien belegen, dass dieser Beitrag höher war als man glaubt. Es waren erstaunlich viele Frauen, die als Schlosserinnen, Plattnerinnen und auch anderes dazu beitrugen, dass das Zeughaus heute so dasteht wie es dasteht. Und es war eine Frau, die es beinahe zerstört hätte. Denn nachdem der ursprüngliche Zweck des Landeszeughauses als Waffenkammer für die südöstlichen Landesgrenzen des Habsburgerreiches nach dem Abflauen der Türkengefahr und Ungarnaufstände quasi nicht mehr gegeben war, verfügte Kaiserin Maria Theresia 1749 eine Schließung und Auflösung des Zeughauses und die Verbringung der Waffen und Rüstungen nach Wien. Die Landstände konnten die Kaiserin jedoch davon überzeugen, dass es für die Steiermark einen großen ideellen Wert als „Denkmal der Geschichte des Landes“ hätte und das Zeughaus konnte als Gesamtensemble mit allem Inventar erhalten bleiben.

Und nun nehme ich euch mit auf eine kleine Reise durch das Landeszeughaus.










Nicht dass hier jetzt ein falscher Eindruck entsteht. Ich mag Waffen eigentlich nicht besonders. Der Qualität des Handwerks und des grafischen Effekts der Ansammlung kann ich jedoch sehr wohl etwas abgewinnen. Und ich finde sehr wohl, dass man immer wieder daran erinnert werden sollte, wie schlimm bewaffneter Konflikt zu jeder Zeit war und ist und dass man ihn tunlichst vermeiden sollte.

Das Zeughaus hat nicht nur kriegerische Metallarbeiten zu bieten. Sondern auch durchaus qualitätvolle Metallarbeiten bei Beschlägen, Schlössern, Handläufen, Gittern, etc. Bei den Baurechnungen sind auch Frauen verzeichnet, unter anderem zwei Schlosserinnen. Wie bei den Plattnerinnen und Waffenschmieden war es zumeist so, dass die Witwen von Auftragnehmern für die Erfüllung des Solls ihres verstorbenen Mannes herangezogen wurden. Ob sie selbst für die Herstellung befähigt waren, oder eher Händlerinnen der Leistungen einer Werkstatt waren, die sie nach dem Tod des Mannes weiterführten, geht nicht immer klar hervor. Bei einer der beiden Schlosserinnen jedoch weiß man, dass sie von ihrem Vater in der Schlosserei ausgebildet wurde und wohl nach dem Tod des Ehemannes die Schlosserei weiterführte. Und für die Herstellung einger qualitätvoller Metallarbeiten am Zeughaus belegt ist. Unter anderem für die Handläufe und Geländer der Treppen und auch für die Beschläge einiger Türen. Zum Beispiel stammen die oberhalb gezeigten Beschläge der Tür zum Secret oder Heimlichkeit genannten Abtritt von ihr. Ihren Namen habe ich mir leider ebensowenig gemerkt wie die Namen der weiteren erwähnten Frauen bzw. weiß ich nur noch dass sie im Vornamen Elisabeth hieß.



Die folgenden 3 Fotos entstammen nicht der derzeitigen Ausstellung, sondern wurden im Kulturhauptstadtjahr 2003 im Rahmen der Ausstellung „Rock und Rüstung, Frauenleben im Zeughaus“ aufgenommen. Bereits damals hat man sich also mit dem Thema Frauen im Zeughaus befasst. Wenn auch anders. Die Idee und Konzeption stammte von Birgit Hutter und Esther Geremus. Die Gewänder aus 4 Epochen und 4 möglichen Lebensphasen der Frau (Kindheit, Ehe, Schwangerschaft, Alter) sollten ein sinnliches Gegengewicht zum Tod, der von den Waffen und Rüstungen ausgeht, bilden. Dass nicht wenige Frauen durch ihrer Hände Arbeit zum Zeughaus beitrugen war damals kein Thema, oder zumindest kann ich mich nicht daran erinnern. Umso schöner, dass es nun archivalische Forschung und auch Sonderführungen zu diesem Thema gab.



Mit diesem Exkurs 22 Jahre zurück sind wir am Ende der Führung angelangt. Da das Museum bereits geschlossen hatte, wurden wir über die Nebentür zum kleinen Landhaushof hinaus gelassen. Und bekamen so auch mal wieder den schönen Landhaushof zu sehen.




Und die „Farbe des Gespenstes, 233“? Dieser Schriftzug befindet sich im Landhaushof an der Fassade des Zeughauses. Aufgefallen ist er mir bereits vor längerem, diesmal habe ich nachgeforscht, woher er stammt. Zum Künstler und wann und warum dieser Schriftzug angebracht wurde habe ich nichts gefunden, aber immerhin, woher das Zitat stammt. Es ist ein Auszug aus Punkt 233 von Ludwig Wittgensteins Bemerkungen über die Farben (eine digitale Reproduktion ist hier bei wittgensteinproject zu finden). Das gesamte Zitat lautet folgendermaßen:
233. Man könnte sagen, die Farbe des Gespenstes sei die, die ich auf der Palette mischen muß, um es genau abzumalen. Wie aber bestimmt man, was das genaue Bild ist?
Interessanterweise gibt es auch bei Goethes Farbenlehre unter Punkt 233 ein Gespenst zu finden, allerdings eine Art von durchsichtigem Gespenst, weshalb ein Foto des Schriftzugs im Internet auch mit Goethe verknüpft zu finden ist. Die Farbe des Gespenstes ist jedoch definitiv auf Wittgenstein zurückzuführen.
Mit diesem philosophischen Exkurs schließe ich diesen diesmal eher ungewöhnlichen Monatsspaziergang und bin gespannt, wohin euch diesmal euer Monatsspaziergang geführt hat.
Witzig: ein Wittgenstein- Zitat befindet sich auch in meinem gestrigen Post…Dieses Museum – da hätte mein Vater sich einschließen lassen und tagelang jedes Detail studiert. Da bin ich froh, dass das Kölner Zeughaus zuletzt nur noch das Stadtmuseum beherbergt hat. Faszinierend, dass auch Frauen involviert waren. Aber eigentlich nicht überraschend mehr, seit ich den Frauenleben durch die Jahrhunderte hinterherrecherchiere. Gefällig deine Architekturaufnahmen! Da merkt man die Fachfrau.
Sonntagsgrüße!
Astrid
Seit ich deinen Beitrag über die Iron Lady gelesen habe, muss ich immer wieder daran denken, wie oft wohl Frauen involviert waren oder anders gesehen werden sollten geschichtlich, man weiß es nur nicht, weil alles immer durch die männliche Geschichtsschreibung gelesen wird. Ging mir bei dieser Führung wieder so. Ich bin froh, dass recherchiert wurde und hoffe, dass es zu diesem Thema auch mehr als nur ein paar Sonderführungen für Joanneum Jahreskartenbesitzer geben wird. Eigentlich wollte ich auch auf deinen Beitrag zur Iron Lady verweisen und so ähnlich dazu schreiben. Bin gerade bei Freunden in Bamberg und habe den Text mit sehr wenig Zeit geschrieben und schlicht vergessen was ich mir zum Textaufbau notiert hatte. Ich denke ich hole das noch nach.
Das Wittgenstein Zitat bei dir habe ich gesehen, musste schmunzeln, kommentieren habe ich noch nicht geschafft.
Einen schönen Sonntag und liebe Grüße, heike
Dabei ist mir der Wittgenstein relativ egal, im Gegensatz zu seiner Schwester. Deren Haus in Wien hat mir tausendmal besser gefallen als das vom Hundertwasser.
Viel Freude im schönen Bamberg!
Astrid
Wittgenstein war mir bisher auch recht egal, den Text zur Farbe werde ich jetzt aber doch lesen, den finde ich interessant. Und zur Schwester werde ich jetzt auch nachlesen. Dass ein Haus besser gefällt als das vom Hundertwasser wundert mich nicht, das geht leicht 😉
Sind schon wieder zurück, war fast mehr Zeit auf der Autobahn als dort, aber der Freund hatte Geburtstag, und Freundschaften muss man pflegen 🙂 Und ein zweiter Monatsspaziergang fällt auch noch ab, wenn die Fotos dann gesichtet sind.
Liebe Grüße, heike
Liebe Heike,
das war wieder äußerst interessant! Unglaublich, wieviel Mühe und Kunstfertigkeit hinter allem steckt.
Und schön, dass auch etwas über den Anteil von Frauen bekannt ist.
Vielen Dank für‘s Teilen!
Herzliche Grüße, Birgit
Es ist gut, dass auch mal über den Anteil von Frauen an bisher nicht mit ihnen in Verbindung gebrachten Tätigkeiten recherchiert wird. Und auch übermittelt wird. Die Kunstfertigkeit fasziniert mich bei Waffen immer wieder. Nicht beim Gebrauch, bei der Herstellung. Vielleicht noch interessant: Die meisten der Objekte wurden nie benutzt!
Liebe Grüße, heike
Das war interessant liebe Heike, ein geschichtlich informativer Rundgang, der auch optisch was hergibt.
Die Kleider sind ja wunderschön, genau wie Dein Lieblingsvisier, das lächelt so schön, kann man da noch kriegerisch sein?
Auch das Gebäude finde ich wunderbar. Ach, es gibt doch noch tolle alte Gebäude.
Danke fürs Mitnehmen, schönen Sonntag und sonnige Grüße
Nicole
Das Visier hat wirklich kaum mehr kriegerisches an sich. Und die meisten der Objekte kamen auch nie zum Einsatz, das Zeughaus ist also mehr ein Zeugnis der Handwerkskunst der damaligen Zeit. Mich fasziniert sehr, dass alles inklusive Gebäude in Einem erhalten ist. Das Gebäude ist zweckmäßig schlicht, bis auf die Fassade, und doch ganz besonders. Auch beim Lifteinbau und das Gebäude barrierefrei machen ist man sehr behutsam vorgegangen und hat das eigentliche Zeughaus nicht angetastet.
Liebe Grüße, heike
…ein interessanter Spaziergang, liebe Heike,
durch ein Museum, welches ich wahrscheinlich selber nicht besucht hätte…deine Detailfotos gefallen mir gut, die Perspektiven sind spannend, das ist etwas, das mich sehr interessiert, wo ich selber auch gerne ausprobiere…
wünsche dir einen schönen Sonntag,
liebe Grüße Birgitt
Diese grafischen Strukturen, die durch die schiere Masse der einzelnen einander ähnlichen Objekte entstehen, die haben mich schon immer sehr interessiert in diesem Haus. Es lag nahe, die Sonderführung zu nutzen und für den Monatsspaziergang spezielle Fotos zu machen.
Liebe Grüße, heike
ich kam mir beim betrachten der armee von rüstungen und der waffen vor wie in einem gruselfilm. ich kann dem so gar nichts abgewinnen und stelle mir vor, wie schrecklich es für die männer war (frauen mussten sie wohl nicht anziehen!?) mit diesen schweren teilen womöglich auch noch vom pferd aus zu kämpfen. haben pferde tatsächlich solche harnische getragen? das kann ich mir gar nicht vorstellen, weil doch die beweglichkeit völlig eingeschränkt wäre. dieses handwerklich geniale teil ist hoffentlich auch nur ein kunstwerk und wurde nie benutzt. frauen haben sich offensichtlich schon immer, auch in sog. männerberufen bewährt!
deine fotos, besonders die details der rüstungen sind genial gemacht. toll, dass du das bei bestimmt nicht so gutem licht so toll hinbekommen hast! und ja: kriegen waren uns sind immer furchtbar und sollten bitte überall auf der welt schleunigst beendet werden!!
liebe grüße und danke für diesen interessanten beitrag!
mano
Die vielen Rüstungen ohne Inhalt sind schon ein bisschen gruselig, diese leeren Augenhöhlen und so. Deshalb mag ich diese eine mit dem freundlich wirkenden Gesicht so. Die beiden führenden Damen haben auch das Gewicht der Rüstungen genannt, aber ich habe es mir nicht gemerkt. So wie ich mir leider auch die Namen der verschiedenen Frauen nicht gemerkt habe. Ich bin leider ganz schlecht im Namen merken, die ich nur einmal kurz höre. Und nachlesen kann man sie nicht. Noch nicht, hoffe ich. Der Rossharnisch war natürlich nur eine Prunkrüstung für die Parade. Für die Schlacht wäre so ein Teil eher hindernd. Ob auch Frauen in den Rüstungen kämpften, konnten auch die Expertinnen nicht beantworten. Aufzeichnungen gibt es keine. Aber das muss ja nichts heißen. Wie wir wissen, wurde auch die Geschichtsschreibung von Männern gemacht. Und was nicht in das männliche Weltbild passte, wurde weggelassen und negiert. Dass so viele Frauen am Bau des Zeughauses und der Herstellung des Inventars beteiligt waren, weiß man auch nur, weil der Schriftverkehr zwischen mit den Landständen vorhanden ist, Briefe, Rechnungen und dergleichen.
Das Licht ist furchtbar schummrig, einige Fotos der Gänge sind leider nicht gelungen und mussten aussortiert werden. Ich bin immer wieder entzückt, wie gut die Handyfotos inzwischen werden.
Da ich am Wochenende in Sachen Freundschaftspflege unterwegs war, ist leider einiges an Inhalt, das ich noch einbringen wollte, verloren gegangen. Vielleicht hole ich das noch nach und füge noch ein paar Infos ein.
Liebe Grüße, heike
Genau wie Dir gefällt mir diese unglaubliche Handwerkskunst. Und Türbeschläge und Schlösser… Funktionalität, Weiterentwicklung, Material, Prozesse…
Und dass hier Frauen auch im Handwerk beteiligt waren. Das steht natürlich nirgends in den normalen Geschichtsbücher. Aber wie Du schon schriebst, Dank Astrid wissen wir ja, wie wenig so etwas im Bewußtsein der Menschheitsgeschichte (und ich nehme mich da nicht aus) ist.
Das Gebäude an sich gefällt mir auch. Funktionalität und doch mit etwas „Deko“
In dieses Zeughaus würde ich auch zu gern mal.
Warum ist der Spaziergang durch ein Museum ungewöhnlich?
Theoretisch kann man doch sogar durch seine Wohnung oder Haus (Garten, mein erster Beitrag damals) spazieren. Ich habe mich jedenfalls über diesen Spaziergang Drinerseits sehr gefreut
Mit lieben Grüßen und hab einen schönen Sonntag Abend
Nina
Es ist so unglaublich, dass dieses Haus als Gesamtensemble mit Inhalt und allem bis heute überlebt hat. Auch den 2. Weltkrieg (Inventar war ausgelagert und wurde mit Hilfe der britischen Besatzer wieder vollständig zurückgebracht). Dank erhaltener Rechnungen und Briefwechsel weiß man vom Beitrag der Frauen hier. Geschichte wurde bisher nur männlich tradiert, auch wir haben sie nur so gelernt und bisher hauptsächlich wahrgenommen. Bin gespannt, was eine Verschiebung des Fokus noch zutage fördert. Der Spaziergang durch ein Museum ist nicht ungewöhnlich, habe ich schon ab und zu zum Monatsspaziergang gemacht. Es ist ungewöhnlich, weil ich Waffen selbst nicht wirklich mag und keinesfalls verherrlichen möchte. Es für mich aber genug Gründe gab, diese Sammlung doch zu zeigen. Vom Frauenaspekt her. Und als Mahnmal für Frieden.
Liebe Grüße, heike
Einen interessanten und geschichtlichen Rundgang hast du heute für uns … das Gebäude ist imposant, doch die Ausstellung bzw. Waffenkammer finde ich düster und bedrohlich – halt wie das Thema ohnehin. Deine Detailfotos gefallen mir aber sehr und auch die perspektivischen Aufnahmen.
Deine Lieblingsrüstung hat schon etwas Charmantes an sich.
Nun wünsche ich dir einen gemütlichen Abend – lieben Gruß von Marita
Ich denke, es ist gut, dass es düster und bedrohlich wirkt. So kommt das Grauen bewaffneter Konflikte auch zum Tragen, und nicht nur der Glanz der Waffen und Rüstungen. Auch wenn die Zeiten dieser Waffen und Rüstungen vorbei sind, die meisten Objekte überhaupt nie zum Einsatz kamen, das Gespenst des Krieges geht immer noch um, nun mit noch viel schrecklicheren Waffen. Wie gut dass es da die Erinnerung zum Anfassen (nein, das ist dann doch nicht erlaubt) und Ansehen gibt, ist es doch eindrücklicher als nur Geschriebenes in Geschichtsbüchern, die an vielen Leuten vorbeigehen.
Liebe Grüße, heike